„Jetzt kostenfrei verkaufen!“

Die moderne Welt. Oft unangenehm, manchmal noch unangenehmer, selten aber unerträglich; zumindest für Personen, die es sich dieser Tage leisten können, ein Eigenheim mit Grundstück in Berlin zu suchen.

Satte 550.000 € kostet derzeit ein Häuschen am südöstlichen Stadtrand mit einer ca. 120 qm großen Wohnfläche und einem ca. 400 qm großem Grundstück. Dabei sind die 120 qm Wohnfläche in dieser Preisklasse nur damit zu realisieren, dass man den ausgebauten Dachboden auch wirklich als Wohnfläche und nicht als saisonabhängigen Sauna – Kühlschrank wahrnimmt. Im besten Falle ist die letzte Renovierung nur wenige Jahre her. Dazu sei erwähnt: Mit „Stadtrand“ meine ich den dicht besiedelten Bereich außerhalb Berlins. Häuschen mit Grundstücken innerhalb der Berliner Stadtgrenze sind definitiv von keinem echten Berliner finanzierbar.

Das heißt, wir reden hier von ca. 10 Jahresgehälter eines nicht allzu schlecht verdienenden Arbeitnehmers aus der ehemaligen Mittelschicht vor Steuern. Dabei sollte man bedenken, dass diese Mittelschicht die eigentliche Zielgruppe dieser Art von Immobilien darstellen sollte. Das heißt, und eigentlich hasse ich diesen Vergleich, man müsste schon ein waschechter D-Mark Millionär sein, um sich ein einfaches, kleines Häuschen am Stadtrand nicht weit vom Arbeitsplatz entfernt leisten zu können.

In Zeiten wie diesen, in denen die Familienplanung sowie das Leben an sich immer später beginnt und man sich eher Mitte dreißig bis Anfang vierzig um ein solches Heim kümmert, bedeutet das mit einem angemessenen Eigenkapital, dass man bis zur Rente einen nicht unerheblichen Teil seines Einkommens in einen Kredit investieren muss.

Nun ja. Unangenehm, aber nachvollziehbar. Viele Menschen wollen in die Stadt. Dazu kommt, dass Kapital in Zeiten des weltweiten Niedrigzins von Investoren aus der ganzen Welt gut angelegt sein will. Es ist nur die Wirkung einer Ursache, die in einer wie in Deutschland üblichen sozialen Marktwirtschaft nicht mehr als die Konsequenz von Angebot und Nachfrage darstellt.

Unangenehmer: Bei solchen Preisen sind natürlich die Anteiligen Erwerbsnebenkosten nicht zu verachten. So auch die sogenannte Grunderwerbssteuer, die in Berlin mit 6% zu Buche schlägt und natürlich auf den Kaufpreis oben drauf kommt. Bei einem Preis von 550.000 Euro sind das satte 33.000 Euro. Für Besserverdiener stellt diese Summe ein halbes Jahreseinkommen dar. Sicher ein Ärgernis, außerdem jedoch ein wenig wirksamer Schutz vor Konkurrenten aus dem Kapitalmarkt, da diese eine Kapitalanlage wenigstens ein wenig entwertet. In Kombination mit den extrem hohen Kaufpreisen, wird es allerdings eher zu einer nicht unerheblichen Last.

Nicht nur vor diesem Hintergrund, sondern vor allem durch die Art und Weise, die Makler heute an den Tag legen, ist die Grenze zum Unerträglichen damit überschritten, dass man als beinahe rechteloser Käufer, noch bevor man Zugang zu wichtigen Eckdaten wie Art der Heizung oder Adresse erhält, einem „wegelagerndem“ Makler die zur Kenntnisnahme des Wiederrufrechtes und im gleichen Atemzug sogar den Verzicht auf dieses Widerrufsrecht im Falle eines Vertragsabschlusses bindend bestätigen muss. Auf die Spitze getrieben passiert das in einem ersten Schritt vollautomatisiert, sodass in der Minute der Kontaktaufnahme eine Email im Postfach auftaucht, für dessen Versandt der Makler nicht einen Finger krumm machen musste und sich damit auch noch dem einzigen Recht des Käufers wirksam entledigt.

Traditionell kostet dieser Zwangsservice dem Käufer 7,19 % Maklerprovision, was bei Plattformen wie McMakler bei derzeitigen Immobilienpreisen beinahe voll automatisiert einen Umsatz von 30.000 bis 70.000 Euro beinahe ohne Zutun des Maklers generiert. Einzig ein Exposee, eine Einschätzung und eine Handvoll Besichtigungen sind nötig, um sich ein 1A Jahreseinkommen durch bloßes Hand aufhalten zu „ergaunern“. Dieser Wert erhöht die Laufzeit eines für diese Summen handelsüblichen Kredites schnell mal um 3 Jahre und mehr. Ich habe tatsächlich sogar schon Termine für zwanzigminütige Sammelbesichtigungen erhalten. Da frage ich mich doch: Gibt es wirklich Menschen, die sich in dieser Preisklasse auf zwanzigminütige Sammelbesichtigungen einlassen?

Dazu sollte man verstehen, dass das im Gegensatz zu Steuern meines Erachtens tatsächlich den Tatbestand der modernen Wegelagerei entspricht.

Denn: Ich bekomme als Käufer so gut wie keinen Mehrwert, bei derzeitigem Markt ist der Aufwand für den Makler mehr als überschaubar, für diesen Aufwand bezahle ich als Käufer in meiner Preisklasse bis zu 40.000 € und vor allem habe ich keine Wahl welchen Makler ich beauftrage. Natürlich kann ich einen weiteren Makler meiner Wahl beauftragen. Das allerdings halte ich vor diesem Hintergrund für etwas übertrieben.

Es geht so weit, dass dem Käufer nach der Kontaktaufnahme relativ unverhohlen klar gemacht wird, dass man zwangsweise Kunde des Maklers ist, dass man im Grunde für diesen Teil der Maklertätigkeit selbst den Makler beauftragt und natürlich auch bezahlt. Das hat zur Folge, dass Makler untereinander nur auf Seiten des Verkäufers in Wettbewerb stehen, also sich einzig im kostenfreien Service gegenüber dem Verkäufer überbieten müssen, nicht aber im Preis und schon gar nicht durch Service auf Käuferseite.

Diese Praxis erinnert mich etwas an die einstige Abmahnindustrie und ist in meinen Augen tatsächlich unfassbar unfair und mit meiner Auffassung von Recht und sozialer Marktwirtschaft überhaupt nicht vereinbar. Dabei kann man natürlich dem Verkäufer keinen Vorwurf machen. Zum Einen wird diesem die Tragweite seines Handels nur selten bewusst sein, zum Anderen ist es ihm nicht zu verdenken, den Verkauf mit kleinst möglichem Aufwand und größtmöglicher Sicherheit in die Wege zu leiten.

Wenn ich die McMakler Werbung nur höre, bekomme ich mittlerweile sofort Sodbrennen und jedes mal, wenn ich wieder mein Widerrufsrecht zur Kenntnis nehme und den Verzicht auf dieses Widerrufsrecht im gleichen Atemzug bestätige nur um eine Adresse zu bekommen, komme ich mir vor, wie der größte Dummkopf aller Zeiten. Aber ich tue es. Denn ich bin dazu gezwungen, wenn ich denn ein Häuschen am Stadtrand von Berlin erwerben will. Die Häuser werden sicherlich nicht billiger und bis den Maklern von Seiten der Politik Einhalt geboten wird, sind die Preise wahrscheinlich um genau diese 7,19 % gestiegen. Bis dahin gilt: Im schlimmsten Fall zahlt man seinen Kredit bis zu 7-10 Jahren nur für Makler und Steuern und besitzt dafür absolut keinen Gegenwert.